Donnerstag, 03 Juli 2025 15:28

Tödliche Gefahr im Wasser

Über 400 Menschen ertranken 2024 in Deutschland Über 400 Menschen ertranken 2024 in Deutschland Foto: pixabay

Immer wieder kommt es in deutschen Binnengewässern und an den Küsten zu tragischen Badeunfällen. Allein im Jahr 2024 zählte die Deutsche Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) mindestens 411 Ertrunkene. Die häufigsten Ursachen: Kälteschock, Übermut und Unkenntnis der Risiken. Besonders gefährdet sind ältere Menschen und Wassersportler ohne Schutzkleidung.

Mehr als 270 Todesfälle in Seen und Flüssen in Deutschland

Laut Angaben der DLRG ereigneten sich etwa 90 Prozent der tödlichen Badeunfälle im Jahr 2024 in unbewachten Binnengewässern. Die Statistik zeigt:

  • 138 Menschen ertranken in Flüssen

  • 132 starben in Seen

  • Nur 30 Personen verloren im Meer ihr Leben

Die meisten dieser Orte sind weder von Rettungsschwimmern überwacht noch mit Warnhinweisen ausgestattet. Besonders Baggerseen mit plötzlichen Tiefen und kälteren Wassertemperaturen gelten als gefährlich.

Die DLRG weist darauf hin, dass Leichtsinn und Unterschätzung der Wassergefahren die Hauptursachen sind. Unbekannte Strömungen, Schlingpflanzen, tiefe Stellen oder abrupte Temperaturwechsel führen oft zu Panik und lebensgefährlichen Situationen.

Kälteschock durch Temperaturunterschiede als unterschätzte Todesursache

Bereits bei Wassertemperaturen zwischen 12 und 16 Grad kann es zu einem lebensgefährlichen Kälteschock kommen. Dies geschieht, wenn der Körper plötzlich ins kalte Wasser eintaucht, während die Außentemperatur deutlich wärmer ist.

Gefährliche Reaktionen des Körpers

  • Beim Eintauchen tritt der sogenannte Tauchreflex auf: Die Atmung stoppt, der Puls sinkt

  • Gleichzeitig sorgt die Kälte für eine schnellere Atmung und beschleunigten Puls

  • Dieser Widerspruch überlastet das autonome Nervensystem

Im schlimmsten Fall wird reflexartig unter Wasser Luft geholt – die Lunge füllt sich mit Wasser und das Herz bleibt stehen. Innerhalb weniger Minuten tritt der Tod durch Ertrinken ein.

 Menschen mit Vorerkrankungen und ältere Personen

Ein Kälteschock kann jede Person treffen – besonders jedoch Menschen mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen. Wer an Herzrhythmusstörungen leidet oder bereits eine Erkrankung am Herzen hat, sollte nur in warmem Wasser und unter Aufsicht schwimmen gehen.

Unterschied zwischen Kälteschock und Unterkühlung

  • Beim Kälteschock kommt es zu einem inneren Konflikt von Schutzmechanismen

  • Eine Unterkühlung hingegen ist ein langsamer Prozess mit Symptomen wie Zittern und blauen Lippen

  • Bei einer Körpertemperatur unter 30 Grad besteht das Risiko einer Ohnmacht und tödlicher Herzrhythmusstörungen

Auch Adrenalin, das in kaltem Wasser verstärkt ausgeschüttet wird, kann zu Bewusstlosigkeit oder Herzstillstand führen. Zusätzlich reduziert der Körper die Durchblutung von Armen und Beinen, um die inneren Organe zu schützen. Das kann die Bewegungsfähigkeit stark einschränken und zum Untergehen führen.

Vielfältige Risiken für Schwimmende

Viele unterschätzen die Gefahr durch Strömungen, abrupte Wassertiefen oder lange Schwimmdistanzen. Besonders fließende Gewässer wie Flüsse verlängern durch ihre Geschwindigkeit die zurückzulegende Strecke erheblich. Hinzu kommen weitere Risiken:

  • Plötzlicher Temperaturabfall in tiefen Gewässerbereichen

  • Unerwartete Tiefe bei Baggerseen

  • Panikreaktionen durch Pflanzen oder Tiere im Wasser

  • Strömungen und Strudel in Flüssen und Meeresbrandung

  • Bugwellen von Booten können Schwimmer gefährden

Häufig werden auch die eigenen Kräfte überschätzt. Selbst geübte Schwimmer können bei Erschöpfung oder Kälteproblemen nicht mehr zurückkehren.

Baderegeln beachten – Leben retten

Sicheres Baden beginnt bereits an Land. Wer müde, krank oder erschöpft ist, sollte nicht ins Wasser gehen. Ebenso gilt:

  • Vor dem Schwimmen langsam abkühlen: erst Füße und Hände, dann eintauchen

  • Nicht mit vollem Magen schwimmen – es drohen Übelkeit und Erbrechen

  • Alkohol vermeiden – er senkt die Reaktionsfähigkeit und Risikowahrnehmung

  • Bevorzugt an bewachten Badestellen schwimmen

Empfehlungen für sicheres Verhalten

  1. Nur in überwachten Gewässern schwimmen

  2. Schwimmwesten bei Wassersportarten wie Stand-up-Paddling oder Bootfahren tragen

  3. Auf Warnschilder und Empfehlungen achten

  4. Kinder nie unbeaufsichtigt lassen

  5. Auf Wetter und Wassertemperatur achten

"Toter Mann"-Position hilft bei Krämpfen oder Erschöpfung

Wer in Not gerät, sollte die sogenannte „Seestern“- oder „Toter-Mann“-Position kennen. Dabei liegt man ruhig auf dem Rücken, ohne Kraftaufwand, mit entspannten Atemzügen. So kann man im Ernstfall auch bei Krämpfen oder Schwäche über Wasser bleiben.

Ertrinkende zeigen meist keine auffälligen Signale wie Rufen oder Winken. Stattdessen:

  • Taucht der Kopf wiederholt unter Wasser

  • Betroffene bleiben senkrecht im Wasser

  • Sie schlagen panisch mit den Armen

  • Sie schreien nicht – durch den Reflex ist die Stimme blockiert

Erste Hilfe bei Badeunfällen

Im Notfall zählt jede Sekunde. Helfende sollten:

  1. Sofort den Notruf 112 verständigen

  2. Einen Gegenstand ins Wasser werfen, z. B. Rettungsring oder Luftmatratze

  3. Nur bei Eigenschutz ins Wasser gehen – sonst abwarten, bis Hilfe eintrifft

  4. An Land sofort mit Wiederbelebung beginnen (Herzdruckmassage)

An bewachten Stränden übernehmen ausgebildete Rettungsschwimmer die Rettung. Sie sind für kritische Situationen geschult und mit Rettungsbooten oder -boards ausgerüstet.

Weitere Baderegeln, Sicherheitstipps sowie Informationen zur DLRG-App finden Interessierte auf der offiziellen Website der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft.

Quelle: NDR